
Im Kölner Stadtanzeiger (ksta) ist ein überaus lesenswertes Interview mit der Philosophin Martha Nussbaum erscheinen. Hier ein paar Auszüge:
Es gibt weltweit die Tendenz, die Schmähung der Religion und des religiösen Bekenntnisses schärfer zu ahnden. Der weitere Kontext dafür ist das Phänomen der „Hassrede“ (hate speech), gegen die vielerorts Gesetze erlassen werden. Gotteslästerungsparagrafen sind ein spezieller Anwendungsfall. Ich halte solche Gesetze zur Einschränkung der Redefreiheit insgesamt für eine ausgesprochen schlechte Idee.
Weil sie […] am Ende nicht Minderheiten und deren Bekenntnis schützen, sondern zu einem Machtinstrument in der Hand der Mehrheit werden.
Gott sollte komplett aus der Politik rausgehalten werden. Denn politische Prinzipien können nicht auf metaphysische Vorstellungen gestützt sein, die nicht von jedermann geteilt werden können.
Hinter dem Begriff „Toleranz“ steckt eine falsche, herablassende Weltsicht. So als ob die eine Gruppe von Menschen eine andere gnädigerweise in ihrer Art zu leben gewähren lässt, sie aber auch jederzeit daran hindern könnte.
Was setzen Sie dann an die Stelle von „Toleranz“?
Respekt unter Gleichen.
In Europa kommt hinzu, dass man nationale Identität aus dem Geist der Romantik über Sprache, ethnische Zugehörigkeit und Religion – konkret: das Christentum – zu definieren versucht hat. Minderheiten mit anderer Sprache, Herkunft und Religion fallen da schnell durchs Raster. Wenn Sie die Geschichte des europäischen Antisemitismus vom 19. Jahrhundert an verfolgen, werden Sie darin viele Motive entdecken, die jetzt das Verhältnis der Mehrheitsgesellschaft zur muslimischen Minderheit prägen. Bis hin zu allerhand Verschwörungstheorien und einer paradoxen Verdachtshermeneutik: Je normaler, vernünftiger, integrierter sie wirken – desto gefährlicher sind sie womöglich.
Es gibt offensichtlich Dinge, vor denen wir uns fürchten müssen: den Terrorismus, aber auch wirtschaftliche Instabilität. Ich glaube, die Einwanderungspolitik oder besser Anti-Einwanderungspolitik in Europa speist sich derzeit weniger aus der Angst vor Terroristen als aus ökonomischen Ängsten. Aber statt darüber zu reden, gibt es die Tendenz, bestimmte Gruppen zu Sündenböcken zu stempeln. Damit lebt sich’s einfach besser, als sich den Problemen einer alternden, schrumpfenden Gesellschaft zu stellen.
Halt Drückeberger-Elfenbeinturm-Philosophie, aber immerhin. Zur Tolernz fehlt natürlich der Hinweis auf die große Gruppe der Anonymen aus guten Grunde wegen §166: http://www.zeit.de/2010/21/Interview-Urbuch-Atheismus
Wie meinen? Du hältst Matha Nussbaum für eine „Drückeberger-Philosophin“?
Hast Du das Interview gelesen? Kennst Du ihre Schriften?
Das Interview hab ich gelesen, sonstige Schriften von ihr kenne ich nicht. Sicher ist das eine fachspezifische Bildungslücke. Ich hab ihr doch ein Kompliment gemacht, den Begriff Drückeberger nehm ich hiermit als zu vorwurfsvoll zurück.
Ich habe nur die Brücksichtigung der Artikel „öffentliche Meinung“ und „Gespräch mit Hamed Abdel-Samad“ bezüglich Toleranz und Redlichkeit vorweggenommen und anders bewertet. Unter dem aufgewärmten Eindruck vom Urbuch-Atheismus stellt sich in unseren kulturellen Breitengraden dringenst die pragmatische und verschlafene Aufgabe „Freiheit vor Religion“. Eine diesbezüglich klare Stellungnahme habe ich bei ihr vermisst, aber da kann man ja respektvoller Weise anderer Meinung auch unter Nichtgleichen sein. Die Gleichheit sollte vor dem Gesetz gelten. Und das ist das Problem bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Anachronismen.
Und schon sind wir beim Gesetz, ist das nicht Bahr jeder Vernunft?
http://www.ekiba.de/16952_17597.php
Wie geht Fr. Nussbaum selbstverantwortlich mit der Missachtung ihrer Vorderung um?
Wie verhält sich diesbezüglich der Elfenbeinturm?
Welche philosophische Unterstützung erfährt MSS?
Hierzu wird es heute beim hpd auch noch einen Artikel geben 😉
Sonn(en)tägliche Spritze Adrenalin. Hier der Wortlaut Bahr jeder Vernunft:
http://www.ekd.de/kultur/kulturbuero/download/Bahr-Petra-Vortrag-Karlsruhe-20_6_2012.pdf
Respekt unter Gleichen? Da möcht ich zielorientiert nicht gleich sein. Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt. Oberstes Gesetz ist aber §166 in der Hirnwurmauslegung. Von Protest der am 20.06.2012 anwesenden Zielpersonen, und jawohl Drückeberger, ist mir bisher noch nichts zu Ohren gekommen. Ich lausche.
Hier geht die Post ab:
http://blasphemieblog2.wordpress.com/2012/06/23/vortrag-von-petra-bahr-salafisten-atheisten-und-co/#comments
Mein Lieblingsphilosoph ist übrigends Roy Black mit seinem Lied „Du bist nicht allein“.
Ach die Bahr ist doch nur harmlos verworren, es gibt ja auch noch solch offizielle Fans der Verschärfung des §166:
http://blasphemieblog2.wordpress.com/2012/06/25/eine-mosebachlasterung/#comments
Seit Kindesbeinen ist „Des Kaisers neue Kleider“ mein Lieblingsmärchen, das trotz §166 als Märchen überlebt hat, weil Erwachsene es nicht verstanden haben. Wieviel Respekt vor Mosebachmärchen noch, denen mit Maß, Realität und Vernunft argumentativ zu begegnen ist? Das ist ein Fall für das Bundesverfassungsgericht, nicht für Philosophen. Und der „Dialog Berlin“ mit uns Phil Möller bedarf weiterer respektloser Denkanstöße. Und sie bewegt sich doch (GG).
Mit der Anspielung auf Frau Bahr meinst Du: http://hpd.de/node/13622 ?
Ich finde das überhaupt nicht harmlos. Denn was hat so eine hirnwurmzerfressene Religiotin bei der obersten Judikative verloren? Wie wäre es, wenn irgend ein anderer Konzern die Richter mit ihren Ansichten volllabern und erwarten würde, dass diese sich daran zu halten haben?
Natürlich sind der hpd-Artikel und skydaddy (näheres auch auf seinem Blog) großartig, Religioten müssen geschasst, nicht gehätschelt werden. Und sorry „Disput Berlin“ so geht streiten mit Phil, nicht Dialog Berlin wie von mir geschrieben. Gerne unter Beteiligung von BP Gauck (Drückeberger Integrierer).
Hier liegt der Hase im Peffer, ein kleiner Lichtblick:
http://www.ftd.de/politik/deutschland/: … 54618.html
Es geht an der Wurzel um primitivste Gewalt schon an Kleinkindern (ich bin „gottseidank“ nicht beschnitten und nicht genitlaverstümmelt, dennoch) und Strafverfolgung mit Konsequenzen. Stattdessen findet philosophische Rücksichtnahme, Respekt auf anachronistische religiöse Gefühle und falsche Rücksichtnahme auf sowohl als auch M(B)osebachs und Bahrs jeder Vernunft statt.